Alt-F4 #57 - Ich, Du und die Atomkraft  04.03.2022

Geschrieben von Sir Fendi, editiert von Nanogamer7, stringweasel, Conor_, Therenas, MyNameIsTrez, Firerazer,
übersetzt von EDLEXUS, lektoriert von marceljoint

Inhaltsverzeichnis

Eine neue Woche, eine neue Ausgabe ALT-F4 …? Wir waren wohl eine Weile nicht so aktiv. Das ist ganz bestimmt nur weil wir keine Aufmerksamkeit von den neuen FFF-Ausgaben stehlen wollten, welche dieses Jahr wieder gekommen sind! Aber egal, wir wollen uns heute nur auf den neuen Artikel konzentrieren. Erstautor Sir Fendi hat viele Details zur Kernenergie zusammengetragen. Sie scheint oft die verhasste Stiefmutter der Energieerzeugung in Factorio zu sein, aber Sir Fendi erklärt, wie damit trotzdem viel Spaß bei großer Effizient zu haben ist.

Die atomare Option Sir Fendi

Als ich zum ersten Mal ein grün leuchtendes Uranerzfeld fand, wusste ich, dass Factorio einige saftige Technologien für mich bereit hielt: Kernenergie! Während in der heutigen Welt die Vor- und Nachteile von Kernenergie heftig debattiert werden, gibt es auch in der Factorio-Gemeinschaft heftige Diskussionen. Kernenergie ist um einiges komplexer als andere Energieformen und zusätzlich dazu auch noch vollständig optional und nicht benötigt, um einen Satelliten zu starten. Viele Spieler verzichten deshalb vollständig darauf oder verwenden eine fertige Blaupause und behandeln diese als energieliefernde Blackbox. Andere haben gehört, dass Atomenergie die UPS zerstört, oder auch alles andere, falls es zu einer Explosion kommen sollte, und halten deshalb Abstand von der Sache. Man muss ihn zustimmen, es gibt einiges, auf das zu achten ist, aber wie bei allen anderen Mechaniken kann man Wube vertrauen. Kernenergie hat einen einigermaßen simplen Einstieg, ermöglicht aber auch erfahrenen Spielern, komplexere Systeme zu errichten. Dazu habe ich einige Richtlinien zusammengetragen und einige Versuche angestellt, um hoffentlich etwas Licht ins Dunkle zu bringen.

Ein kleiner Kernreaktor mit allen benötigten Zusatzanlagen, welcher 40MW Leistung produziert.
Ein kleiner Kernreaktor mit allen benötigten Zusatzanlagen, welcher 40MW Leistung produziert.

Herunterbrechen der Kernenergie

Obwohl die große Anzahl neuer Maschinen abschreckend wirken können, sind Vanilla-Kernkraftwerke in Kern nur ein kleines bisschen verschieden von Verbrennungs-/Dapmfkraftwerken. Es gibt einen Treibstoff, der verbrannt wird, die entstehende Hitze wird in Dampf umgewandelt und ein Turbinengenerator macht daraus elektrische Energie. Die Komplexität kommt aus drei Schritten: Erstens, der benötigte Kernbrennstoff ist einzigartig und wird in mehreren Schritten hergestellt, anstelle die abgebauten Rohstoffe direkt zu verbrennen. Das offizielle Wiki hat dazu ein praktisches Tutorial, welches alle Grundlagen wie den Erzabbau, das Zentrifugieren sowie einen einfachen Reaktoraufbau behandelt.

Zweitens verbrennen Kernreaktoren, im Gegensatz zu normalen Boilern, immer Brennstoff, was aber, wie ich nachher zeigen werde, in der Regel nicht so schlimm ist, wie es zunächst klingt.

Drittens wird das Hitze und Flüssigkeitenmanagement komplexer, aber trotzdem noch handhabbar, wenn man mehrere Reaktoren betreibt. Trotz des Mehraufwands kann die Effizienz durch die Kombination mehrerer Reaktoren immens gesteigert werden. Die Magie steckt im Nachbarbonus: Wenn zwei Reaktoren sich eine vollständige Kante teilen, bekommen beide Reaktoren eine zusätzliche Leistungsfähigkeit von 40MW. Da dies theoretisch an insgesamt vier Kanten möglich ist, kann der Leistungsausgang auf 500% gesteigert werden, ohne mehr Brennstoff zu benötigen. Dieser Bonus ist das, was viele Spieler dazu bringt, kreative Lösungen zu finden, um diese gigantischen Mengen Hitze zu transportieren. Damit haben wir nun ein System, welches grundsätzlich einfach zu erbauen ist, aber große Optimierungsmöglichkeiten bietet.

Aber die Risiken?

Eine kurze Geschichte der atomaren Sicherheit in Factorio

Kernenergie ist etwas, was Wube schon seit langer Zeit im Spiel haben wollte, und so teilten sie einige Ideen bereits bevor es zur uns heute bekannten Implementierung in 0.15 kam. Als sie in FFF#164 ihre ersten Implementierungen teilten, lag der Fokus auf dem Erhitzen und Abkühlen des Wassers. Die ersten Designs enthielten Hochtemperaturdampf, welcher durch die Turbinen nur teils verbraucht und abgekühlt wurde, anschließend in Kühltürmen zurück zu 95°C heißem Wasser kondensiert wurde um dann zurück in die Wärmetauscher geführt zu werden. Du kannst dir sicher vorstellen, dass dieses System schwer auszubalancieren war und es einfach zu Verstopfungen kam. Nach einigen Wochen weiterer Arbeit zu diesem Thema, entschied sich Wube mit FFF#167 dazu, dass diese ganze Temperaturgeschichte umgangen werden kann, indem Wasser und Dampf als zwei verschiedene Flüssigkeiten mit festen Temperaturen behandelt werden. Auch entschloss man sich dazu, das keins der Systeme Hitze mit der Zeit an die Umgebung verliert.

Dabei wurden auch die Temperatureffekte auf den Reaktor selber abgeschwächt: Zuerst wurde angedeutet, dass ein Reaktor, welcher sich unkontrolliert erwärmt, irgendwann explodiert, was bedeutet hätte, das Reaktoren konstantes Monitoring wie in der Realität benötigt hätten. Diese Idee wurde vor Release abgeschwächt, so das ein Reaktor sein internes Notfallkühlungssystem verwendet, um nie über 1000°C zu kommen. So ist es nun durchaus möglich, einen Reaktor guten Gewissens allein zu lassen, ohne eine Katastrophe befürchten zu müssen. Zumindest meistens, da Reaktoren immer noch explodieren können, wenn sie eine Temperatur über 900°C erreichen und von einem unaufmerksamen Spieler oder Beißer zerstört werden. Wenn sich andere Reaktoren in der Nähe befinden, kann das schnell zu einer schönen Lichtschow führen:

Trotz der trivialen Sicherheit hat Wube ein Kernenergiesystem geschaffen, welches immer noch sehr interessant werden kann, durch die Komplexität und mögliche Gefahr durch den Nachbarschaftsbonus. Für alle, die gerne einen riskanteren und realistischeren Ansatz verfolgen möchten, gibt es Mods, welche Probleme mit Kernschmelzen und Strahlung ins Spiel bringen.

Jetzt, wo wir gesehen haben, dass Kernenergie im Grundspiel nicht sehr gefährlich ist, können wir uns nun den anderen oft genannten Problemen zuwenden.

Typische Probleme mit Kernenergie

  • Atomenergiedesigns und -berechnungen sind sehr komplex – Es ist nichts Schlimmes daran, mit kleinen und einfachen Reaktoranlagen zu beginnen, und der Rest sind ein paar ungefähre Regeln und Verhältnisse. Im Teil Design dein eigenes Atomkraftwerk hoffe ich einige Details zu klären und einige Richtlinien und Werkzeuge zu verlinken.

  • Atomenergie ist zu teuer, bis das Late Game erreicht ist – Atomenergie wird mit den Chemiewissenschaftspaketen freigeschaltet. Obwohl es einiger Zeit bedarf, alles zum laufen zu bekommen, kostet Kernenergie am Ende weniger Rohstoffe im Vergleich zu Solarenergie bei ähnlicher Leistungsfähigkeit, vor allem wenn der Nachbarschaftsbonus ins Spiel kommt. Ich habe dazu eine Analyse gemacht und auf Reddit veröffentlicht. Ich fand heraus, dass selbst mit den grundlegenden 40MW-Anlagen man im Vergleich zu Solaranlagen tausende Kupfer und Eisenplatten spart im Vergleich zu Solarzellen und Akkumulatoren für 40MW. Wenn du also einen Leistungsbedarf von 40MW hast und nicht die Verschmutzung der Boiler haben willst, ist Kernenergie durchaus profitabel.

  • Atomenergie benötigt viel Platz - Eine Kernanlage benötigt mehrere Maschinen, welche nahe beieinander seien müssen. Deshalb benötigt man große Freiflächen. Im Vergleich zu anderen Möglichkeiten sind sie aber vor allem im Hochleistungsbereich deutlich energiedichter als andere Alternativen. Im oben genannten Reddit-Post fand ich heraus, dass 40MW Kernenergie etwa 1 bis 2 Chunks benötigen, während Kohle etwa gleichviel braucht und Solar ungefähr das zehnfache. Ein 800MW Kernkraftwerk mit 2x3 Reaktoren passt aufgrund des Nachbarschaftsbonus problemlos in einen Bereich von 2x4 Chuncks, mit noch mal etwa 2 Chuncks für die benötigten Zentrifugen. So bekommt man etwa zwanzig Mal so viel Leistung für etwa zehnmal soviel Platz, während man für Kohle und Solar ganz linear zwanzigmal die Fläche benötigte.

  • Atomenergie macht viel Umweltverschmutzung - In Vanilla-Factorio hat radioaktive Strahlung keinen Effekt auf die Evolution der Beißer, während normale Umweltverschmutzung sie vorantreibt. Die Umweltverschmutzung kommt bei Atomenergie nur vom Abbau und der Verarbeitung der Brennstoffe. Ich habe im selben Reddit-Post Vergleiche dazu angestellt. Ich fand heraus, dass Kernenergie nur etwa 2 bis 10% der Umweltverschmutzung einer vergleichbaren Kohleanlage produziert.

  • Atomenergie ist viel zu teuer ohne den Kovarex-Anreicherungsprozess – Ein Stück Uran-235 benötigt tatsächlich etwa 1500 Uranerz in der Zentrifugierung, aber ein einziges Stück ist auch genug, um 10 Kernbrennstoffzellen herzustellen, welche zusammen über 33 Minuten halten. In einem spannenden Tutorial (englischsprachig) erklärt Nilaus die dahinterstehende Mathematik und zeigt, dass 8 elektrische Erzförderer und eine Zentrifuge genug sind, um einen Reaktor kontinuierlich ohne Kovarex zu betreiben. Es kann aber keinesfalls schaden, etwas mehr Uran zu verarbeiten, entweder in Vorbereitung auf Kovarex oder für den Fall, das man mal wenig Glück in der Zentrifuge hat. Zusätzlich können Produktivitätsmodule in den Zentrifugen und Brennstoffherstellungsmontagemaschinen die Effektivität massiv verbessern.

  • Atomenergie ist schlecht für die Performance (UPS) – Es ist wahr, das Atomenergie schlechter als Solarenergie in Megabasen-Größenordnungen performt, gibt es keine merkbaren Probleme mit kleinen und mittleren Anlagen. Wir werden uns damit aber noch mal detailliert im Teil “Kernenergie und UPS” befassen.

Mit diesen Problemen aus dem Weg fangen wir nun an, unseren eigenen Reaktor zu bauen.

Design dein eigenes Atomkraftwerk

Woher weiß ich, wie viele Materialien ich benötige?

Zu Beginn ist es sinnvoll, mit einem einzelnen Reaktor zu beginnen, oder vielleicht einem 1x2 Layout (1 Reihe mit 2 Reaktoren). Das Wiki-Tutorial erklärt dafür die Grundlagen. Danach ist die Größe deiner Anlage abhängig von der benötigten Leistung. Du kannst deine Reaktoren anordnen, wie du willst, aber um den Nachbarschaftsbonus zu erhalten, müssen sie an einer vollständigen Kante aneinandergrenzen. Nachdem du deine Anlage entworfen hast, ist es einfach die Gesamtleistung mittels eines Einzelreaktoräquivalent-Diagramms (SRE; Single Reactor Equivalent). Dieser Prozess ist besteht aus drei Schritten, welche wir am Beispiel eins meiner Lieblingsdesigns durchgehen:

8 Reaktoren in einem 3x3-Gitter
Ein Design welches ich mit 8 Reaktoren in einem 3x3 Gitter entworfen habe. Es ist das leistungsfähigste Setup (1040MW), welches mindestens eine Seite eines jeden Reaktors freiliegend hat, um automatisches Nachfüllen zu ermöglichen.

Um nun die Gesamtleistung des Reaktors herauszufinden:

1) Zeichne eine Kopie der Reaktoren, wobei jeder Reaktor eine 1 bekommt, freie Stellen eine 0:

$$ [1][1][1] $$

$$ [1][1][1] $$

$$ [1][0][1] $$

2) Zähle für jeden Reaktor die Anzahl der Nachbarn (welche genau nebeneinander liegen) und addiere sie zu der 1:

$$ [1+2][1+3][1+2] \rightarrow [3][4][3] $$

$$ [1+3][1+3][1+3] \rightarrow [4][4][4] $$

$$ [1+1][0+0][1+1] \rightarrow [2][0][2] $$

3) Addiere alle Zahlen zusammen, um die Gesamtanzahl in Einzelreaktoräquivalenten zu erhalten. Multipliziere mit 40, um die Gesamtleistung in MW zu erhalten:

$$ (3+4+3) = 10 $$

$$ (4+4+4) = 12 $$

$$ (2+0+2) = 4 $$

$$ 10 + 12 + 4 = 26 \text{ Einzelreaktoräquivalent für dieses Setup.} $$

$$ 26 \cdot 40 MW = 1040 MW \text{ Gesamtleistung.} $$

Wenn die errechnete Gesamtleistung zufriedenstellend ist, können wir mit dem nächsten Designschritt beginnen. Die Reaktorwärme muss nun in Dampf mithilfe von Wärmetauschern gewandelt werden, welche wir mit Wasser versorgen müssen. Der entstandene Dampf muss dann in Turbinen zu Strom gemacht werden.

Da die Reaktoren ihre Leistung in Wärme produzieren, müssen wir Wärmetauscher verwenden, um sie zu nutzen. Jeder Wärmetauscher verbraucht 10MW Wärme. Im Optimalfall hat man genug, um die gesamte Leistung des Reaktors nutzen zu können. Die Anzahl errechnet sich also auf der Gesamtleistung geteilt durch 10MW. In unserem Beispiel haben wir $1040MW / 10MW = 104$ Wärmetauscher.

Wärmetauscher verwenden die aufgenommene Leistung, um in jeder Sekunde 103,09 Einheiten Wasser mit einer Temperatur von 15°C in 500°C heißen Wasserdampf zu wandeln. Die Wärmetauscher müssen mit Wasser durch Offshorepumpen versorgt werden, welche maximal 1200 Einheiten Wasser pro Sekunde produzieren. Jede Pumpe versorgt somit $1200/103,09$ Wärmetauscher, also etwa 11,64. Daraus kann man nun errechnen, wie viele Pumpen man für eine gegebene Zahl an Wärmetauschern benötigt, indem man die Zahl der Wärmetauscher durch 11,64 teilt. In unserem Beispiel benötigen wir also $104/11,64 = 8,93$, beziehungsweise 9 Offshorepumpen, wenn alle Wärmetauscher mit demselben Wassernetzwerk verbunden sind. In unserem Reaktor gibt es aber 8 getrennte Wassernetzwerke mit je 13 Wärmetauschern, sodass jedes Netzwerk $13/11,64 = 1,12$ Offshorepumpen benötigt. Um auf der sicheren Seite zu sein, verwende ich für jedes Netzwerk zwei Pumpen, also insgesamt $2 \cdot 8 = 16$ Stück.

Um jetzt nutzbare Elektroenergie zu erhalten, verwenden wir Dampfturbinen. Jeder Wärmetauscher produziert 103,09 Dampft pro Sekunde, während jede Turbine 60 pro Sekunde verbraucht. Das korrekte Verhältnis ist also $103,09/60 = 1,718$ Turbinen pro Wärmetauscher. Wenn es in unserem Beispiel also ein einzelnes Dampfnetzwerk gibt, benötigen wir $104 \cdot 1,718 = 178,672$ (also 179) Turbinen. Da wir in unserem Beispiel allerdings 12 Netzwerke mit 7 oder 12 Wärmetauschern haben, benötigen wir $7 \cdot 1,718 = 12,026$ (also 12, da die 13te Turbine fast keinen Dampf mehr bekommt) beziehungsweise $12 \cdot 1,718 = 20,616$ (also 21) Turbinen.

Ein weitverbreiteter Weg ist es, an jeden Wärmetauscher jeweils zwei Turbinen direkt, also ohne Rohrleitungen anzuschließen. Die zusätzliche Dampfverbrauchskapazität bleibt unbenutzt, wenn die Anlage nicht über einen Dampfspeicher verfügt (was wir weiter unten betrachten werden).

Jetzt ist bekannt, wie viele Anlagen wir von jedem Typ benötigen. Falls du mehr über die Mathematik lernen möchtest oder wenn du einen Rechner willst, der das meiste für dich rechnet, kann ich das Factorio Cheat Sheet empfehlen.

Was müssen wir bei der Platzierung der Komponenten beachten?

Als Kriterium für den Bauplatz ist ein Wasseranschluss sehr praktisch, da die Anlage gigantische Mengen davon benötigt. Nähe zu Uranvorkommen ist erst mal zweitrangig, da Uran einfach mit Zügen transportiert werden kann.

Als Nächstes müssen wir entscheiden, wie wir die Reaktoren aufstellen. Wir kennen bereits den Nachbarschaftsbonus und wie wir ihn berechnen. Im Optimalfall wollen wir ein geschlossenes Gitter aus Reaktoren, was aber den Nachteil mit sich bringt, das kein Platz mehr vorhanden ist, um ein automatisches Befüllungssystem zu errichten, ohne Mods zu verwenden. Im Optimalfall haben also alle Reaktoren an jeweils drei Seiten Nachbarn und eine Seite frei zur Befüllung. 2xN-Setups sind deshalb so populär, da sie genau das für alle Reaktoren, außer die 4 an den Ecken, erreichen.

Eine Reihe an Heatpipes und Lampen. Ein grünes Licht bedeutet, das ein Wärmetauscher mehr als 500°C erreichet, also arbeitet. Das Leuchten der Heatpipes ist von der Temperatur abhängig, wobei die linken im Bild das obere Limit von 1000°C erreicht haben. Mehrere parallele Heatpipes ermöglichen es, weiter entfernte Wärmetauscher zu versorgen.
Screenshot aus einem Reddit Post von u/vanatteveldt. Ein grünes Licht bedeutet, das ein Wärmetauscher mehr als 500°C erreichet, also arbeitet. Das Leuchten der Heatpipes ist von der Temperatur abhängig, wobei die linken im Bild das obere Limit von 1000°C erreicht haben. Mehrere parallele Heatpipes ermöglichen es, weiter entfernte Wärmetauscher zu versorgen.

Das Problem ist die Wärmeleitfähigkeit der Heatpipes. Je weiter die Heatpipes vom Reaktor entfernt sind, desto geringer ist ihre Temperatur. Da der Reaktor nicht heißer als 1000°C werden kann, sind die Heatpipes ab einer bestimmten Entfernung zu kalt, um Wärmetauscher zu betreiben. Das Wiki und dieser Post zeigen, das eine einzelne Leitung maximal 21 Wärmetauscher betreiben kann. Allerdings kann diese Zahl vergrößert werden, indem man mehrere Leitungen parallel verlegt und Wärmetauscher auf beiden Seiten verbaut. Ein anderer Trick ist es, nicht betriebene Reaktoren zur Wärmeleitung zu verwenden, da man mit weniger Entities denselben Weg zurücklegen und mehr Wärmetauscher anschließen kann. In jedem Fall sollte aber das Ziel sein, die Heatpipes so kurz wie möglich zu halten.

Für alle anderen Fluide ist es wichtig, dass das Wasser die Wärmetauscher von den Offshorepumpen mit möglichts wenig Durchflussverlusten erreicht. Solche Verluste im Durchfluss sind dadurch erkennbar, dass nicht alle Wärmetauscher Wasser erhalten und die Produktion der Offshorepumpen unterhalb 1200 Einheiten pro Sekunde liegt. Der ideale Ansatz ist hier wieder möglichst kurze Leitungen zu verwenden, allerdings können auch Pumpen verwendet werden, um den Durchfluss auf langen Strecken hochzuhalten. Die kritische Zahl sind 17 Rohrsegmente zwischen zwei Pumpen, um einen Durchfluss von 1200 pro Sekunde zu ermöglichen. Dabei ist zu beachten, dass Untergrundrohre unabhängig vom Abstand der beiden Enden nur als zwei Segmente gelten. Auch solltest du darauf achten, dass es nicht zu Verstopfungen in deinen Dampfleitungen kommt, was im Allgemeinen aber kein Problem ist, außer bei gigantisch großen Anlagen.

Das Problem mit Pumpen ist, dass dadurch das System nicht schwarzstartfähig ist. Im Falle eines Blownouts (also bei zuwenig bereitgestellter Leistung im Stromnetz) pumpen die Pumpen weniger Flüssigkeit und tragen so dazu bei, das nochweniger Leistung produziert wird. Diesem Problem kann man entweder mit Wassertanks in der Nähe der Wärmetauscher oder mit alternativen, gekapselten Stromquellen für alle wichtigen Pumpen begegnen.

Wärmetauschersetup, welches zeigt, wie Dampfleitungen getrennt werden können.
In diesem Reddit Post, zeigt u/warbaque wie eine Dampfleitung zweigeteilt werden kann. Der erste Vorteil ist der erhöhte Durchsatz. Zweitens sind auch die Verluste kleiner, da Untergrundrohre immer nur als zwei Segmente zählen.

Wie können wir den Dampf speichern?

Es gibt einige Debatten in der Community, ob sich das Zwischenspeichern von Dampf lohnt. Dazu muss gesagt werden, das ein Dampfspeicher nicht nötig für einen normalen Betrieb ist, da das korrekte Verhältnis von Wärmetauschern und Turbinen (mit gerade so mehr Turbinen als nötig) dafür sorgt, dass der gesamte Dampf direkt verbraucht wird, wenn die Anlage auf Volllast läuft. Dampfspeicher sorgen dafür, insbesondere bei großen Anlagen, dass das gesamte Design komplizierter wird. Gleichzeitig haben die Tanks aufgrund der höheren Anzahl an Flüssigkeitsverbindungen auch einen negativen Einfluss auf die UPS. Der Einfluss auf die Anlagengröße ist laut meinen eigenen Beobachtungen und diesen zwei Reddit-Posts im Vergleich zum benötigten Platz für die Turbinen und Wärmetauscher zu vernachlässigen. Dampfspeicher bieten auch einige Vorteile, aber man muss abwägen, ob diese in einem akzeptablen Verhältnis zu etwas mehr Platz und Komplexität und etwas weniger UPS stehen.

Im Early-Game, wenn Uran-235 noch knapp ist, helfen Dampfspeicher dabei, Brennstoff zu sparen: Wenn im Stromnetz wenig Leistung benötigt wird, wird Dampf im System gespeichert. Wenn die Speichertanks voll sind, wird weitere Energie in Form von Hitze in den Reaktoren gespeichert (bis sie 1000°C erreichen). Danach akzeptieren die Reaktoren weiterhin Brennstoff, welcher nun aber verschwendet wird. Ein Dampfspeichersystem kann da Abhilfe schaffen, indem die Greifer zur Brennstoffbefüllung so eingestellt werden, dass sie nur Nachfüllen, wenn die Dampfspeicher leer werden (Dies ist relativ einfach mit einem einzelnen roten/grünen Kabel zwischen dem Tank und dem Greifer realisierbar). Ab dem Zeitpunkt, wo der Kovarex-Prozess erforscht ist, sind Kernbrennstoffe so einfach zu produzieren, das die teilweise Verschwendung der Wärme nicht mehr ins Gewicht fällt. Man kann das System allerdings auch dann noch einsetzten, wenn man seinen Reaktor aus Sicherheitsgründen unterhalb 900°C halten möchte.

Ein anderer Grund zum Dampfspeichern ist es, eine “Dampf-Batterie” zu bauen: Wenn der Leistungsbedarf unter 100% liegt, werden die Speicher gefüllt. Kommt es nun aufgrund eines Beißerangriffs oder einer Brennstoffknappheit zu einer Unterbrechung in der Dampfproduktion, werden die Turbinen für kurze Zeit weiter mit dem gespeicherten Dampf versorgt. Auch kann der Dampfspeicher in Verbindung mit einem Überangebot an Turbinen dafür verwendet werden, Lastspitzen abzufangen, zum Beispiel bei einer Beißerattacke auf eine mit Lasergeschützen verteidigte Anlage. Dieselben Speicherziele können natürlich auch mit Akkumulatoren realisiert werden. Ein einzelner Tank enthält zwar so viel Energie wie 485 Akkumulatoren, hat aber auch einen bedeutend größeren negativen Einfluss auf die UPS. Auch zu beachten ist, dass jede Turbine in der Generatorübersicht aufgeführt werden, auch wenn kein Dampf vorhanden ist. So ist es auch nicht möglich, die gesamte angezeigte Leistungskapazität abzurufen, selbst wenn die Reaktoren auf Volllast laufen.

Eine Anlage mit Form und Funktionalität

Nachdem wir nun ausgiebig die wissenschaftlichen Aspekte von Kernkraftwerken betrachten haben, können wir uns nun um die Ästhetik kümmern. Es scheint, als gäbe es nicht viel Platz zur kreativen Entfaltung, da es so viele strenge Regeln gibt, allerdings gibt es immer noch viele Möglichkeiten, die einzelnen Anlagen anzuordnen. Die größte Einschränkung ist dabei der Nachbarschaftbonus, welcher dafür sorgt, dass eigentlich jedes Design gegenüber dem 2xN-Design nachteilig ist. Wenn du aber bereit bist, etwas Effizienz zu vergeuden und durch Kovarex genügend Kernbrennstoff hast, kann man durchaus auf kreativere Design, wie Kreise oder Fraktale, zurückgreifen.

Für die anderen Komponenten kann man kleine Gruppen aus Wärmetauschern und Turbinen ohne Rohrleitungen bauen oder alternativ alle Wärmetauscher in einem großen Cluster anordnen und dann alle Turbinen in einem anderen. Es gibt auch einige verschiedene Wege, Heatpipes rund um die Reaktoen anzuordnen. Hier einmal ein paar Beispiele für eine 2x2-Anlage:

Alle diese Anlagen produzieren 480MW Wärme, trotz ihrer unterschiedlichen Aufbauten. Veränderungen in der Anordnung der Wärmetauscher kann zu leicht veränderter Anzahl an Turbinen führen.

Ein anderer Aspekt ist das Einplanen von Erweiterbarkeit ab Anfang an. Das ist zum Beispiel möglich, indem man mehrere überlappende Blaupausen anlegt. Beispielsweise kann man Platz für eine 2x3-Anlage reservieren, aber zu Beginn nur einen 2x1-Reaktor bauen, so wie unten gezeigt. Beim Designen solcher Blaupausen ist es einfacher, zuerst die größere Anlage zu bauen und dann Stück für Stück nicht benötigte Teile herauszulöschen.

Überlappende Upgrades sind nur ein Weg, große erweiterbare Anlagen zu planen. Du kannst auch einfach Blaupausen von Wärmetauschern und Turbinen erstellen, welche du bei Bedarf platzierst. Die am besten skalierbare Lösung ist es, ein vollständig kachelbares Konzept für 2xN-Anlagen zu entwickeln, was aufgrund der großen Anzahl an Wärmetauschern und Turbinen unglaublich breit wird.

Eine kachelbare 2x6-Anlage, welche 1920MW produziert.
Ein Beispiel von u/warbaque für eine kachelbare 2x6-Reaktor Anlage, welche 1920Mw produziert. Sie ist dafür gedacht, auf dem Wasser errichtet zu werden oder mit einer Waterfill-Mod verwendet zu werden.
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Atomenergie und UPS

Atomenergie beinhaltet relativ viele Berechnungen, aber Factorio hat eine unglaublich gut optimierte Engine. An welcher Stelle wird Atomenergie trotzdem zu viel zu berechnen? Dankenswerterweise hat die Techincal-Factorio-Community diese Frage bereits beantwortet. Vor allem u/flame/Sla hat auf Reddit einige Benchmarks durchgeführt und erkannt, das der Einfluss auf die UPS erst ab einer Größenordnung von deutlich über 10GW relevant wird.

Eine Basis mit einem solchen Leistungsbedarf operiert in der Regel in der Größe von einigen Tausend Wissenschaftspaketen pro Minute. Natürlich gehen diese Berechnungen davon aus, dass ein relativ leistungsstarker Rechner vorhanden ist und man ein UPS-freundliches Design verwendet. Das UPS-Budget ist aber in der Regel groß genug, um auch guten Gewissens für die ersten 5 bis 10GW den Fokus auf Form und nicht auf UPS zu legen.

Trotzdem sind einige Design natürlich besser für UPS als andere. In einem anderen Benchmark vergleicht u/warbaque verschiedene große Atomkraftanlagen miteinander. Basierend auf den Erkenntnissen dieser beiden Communitymitglieder habe ich eine Liste mit Regeln zusammengetragen, um die Anlage so UPS-freundlich wie möglich zu gestalten:

  • Baue nur so viele Wärmetauscher und Turbinen pro Reaktor, wie du brauchst - Diese Maschinen sind für den Großteil der UPS-Verluste verantwortlich (etwa 80% in einem optimierten Setup), vermutlich aufgrund der benötigten Anzahl und den notwendigen Berechnungen. Die Tests von u/warbaque zeigen, dass auch die Auslastung der Turbinen einen Einfluss auf die UPS hat, aber weniger Turbinen unter 100% Last benötigen weniger Rechenleistung als mehr Turbinen mit weniger Auslastung. Einige Mod bieten auch verbesserte Versionen dieser Gebäude an, sodass man weniger von ihnen benötigt.

  • Minimiere die Anzahl an Heat-Pipes - Der Wärmemanager des Spiels ist der andere große UPS-Fresser (etwa 20% bei optimierten Anlagen). Der wichtigste Faktor dabei ist die Anzahl der Wärmeverbindungen. Heat-Pipes sollten also so kurz wie möglich und nur ein Feld breit sein.

  • Versorge die Reaktoren mit Robotern oder getimeten Bändern - Obwohl Roboter erst mal ineffizienter als Fließbänder klingen, haben Fließbänder ein Problem mit Inserter-Tracking, wenn Greifer versuchen, einen sich bewegenden Gegenstand auf einem Band zu greifen. Diese Probleme treten vor allem auf, wenn du ein langes Band hast, welches viele Reaktoren versorgt. Es sorgt für weitere 6% UPS-Einbußen in optimierten Anlagen. Der primäre Weg, um dem aus dem Weg zu gehen, ist die Verwendung von Robotern. Alternativ kannst du auch ein Förderband verwenden, welches nicht im Kreis verläuft und alle Greifer über das Schaltungsnetzwerk gesteuert sind, so das sie alle zur selben Zeit vom vollen Band greifen und erst wieder aktiv werden, wenn das Band wieder gefüllt ist.

  • Minimiere Flüssigkeitsentitäten, insbesondere Pumpen - In einer optimierten Anlage ist das Flüssigkeitensystem nur für unter 1% der UPS-Verluste verantwortlich. Auf der anderen Seite hat ein Setup mit unter Druck stehenden Dampfleitungen (eine Pumpe für zwei Wärmetauscher) einen UPS-Overhead von 15%. Daher ist es ratsam, nur sehr wenige Pumpen zu verwenden und sogar Zwischenspeichertanks einzusparen (beginnend mit Dampfspeicher).

  • Optimiere zuerst das, was am längsten dauert - Der Wärmemanager, der Flüssigkeitenmanager und das Stromnetz werden in Factorio alle parallel berechnet. Das langsamste Element dieser Gruppe ist also für die Dauer des Gesamtvorgangs verantwortlich, während die anderen beiden praktisch keinen Einfluss haben. Du kannst das überprüfen, indem du mit F4 das Debug-Menü öffnest und “show-time-usage” auswählst und in der Liste nachschaust, welche Kategorie die meiste Zeit benötigt, indem du den Durchschnitt auswertest (der erste Wert in der Zeile). Basierend darauf kannst du dann dein Design anpassen. Wenn beispielsweise der Flüssigkeitenmanager nur sehr wenig Zeit benötigt, kannst du problemlos Dampfspeicher hinzufügen.

  • Wenn du eine Megabasis bauen willst, wechsle langfristig zu Solarenergie - Am Ende kann Atomenergie nicht an Solarenergie herankommen, da Solar einfachere Berechnungen und bessere Optimierung besitzt. Da Solarenergie aber teurer als Atomenergie in den Punkten benötigte Rohstoffe und Platz ist, ist es trotzdem lohnenswert, die Energieproduktion im großen Maßstab mit einigen GW Atomenergie zu beginnen, da die Performancebeeinträchtigungen vernachlässigbar sind.

Aufgrund dieser Richtlinien wird dir aufgefallen sein, das einige der oben gezeigten Aufbauten nicht unbedingt die UPS-freundlichsten sind. Das ist auch nicht wirklich ein Problem, solange du nicht eine große Anzahl von ihnen errichtest. Trotzdem können wir uns einmal anschauen, wie sich die Designs verändern, wenn wir diese Regeln befolgen:

Um UPS zu sparen wurden nicht benötigte Heat-Pipes und Dampfspeicher entfernt. Auch wurde die Anzahl der Turbinen reduziert, um das optimale Verhältnis zu den Wärmetauschern von 1.718 zu erreichen.

Abschlussgedanken

Nachdem wir uns nun die Details der Kernenergie angeschaut haben, ist es jetzt hoffentlich einfacher, damit anzufangen und bietet mehr Raum und Anhaltspunkte für eigene Designs. Ich bin froh darüber, das Wube diese Mechanik so interessant gestaltet hat und muss mich bei der wunderbaren Community (insbesondere u/warbaque und u/flame_Sla auf Reddit) bedanken, dafür, dass sie ihr Wissen und Erfahrungen so freudig geteilt haben und so erst diesen Artikel möglich gemacht haben.

Beitragen

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