Alt-F4 #20 – Rückblick 2: Electric Boogie  08.01.2021

Geschrieben von Conor_, Nanogamer7, Therenas, editiert von stringweasel, nicgarner, Firerazer,
übersetzt von dexteritas, EDLEXUS, lektoriert von marceljoint, Nanogamer7

Inhaltsverzeichnis

Zum Abschluss der ersten fünf Monate bringt Alt-F4 #20 den zweiten Teil unseres Rückblicks und Blicks hinter die Kulissen. Nanogamer7 zeigt uns, wie der Übersetzungsprozess begonnen hat und welche Probleme dabei aufgetreten sind. Doch zuvor präsentiert uns Conor_ eine Art Missionserklärung, welche unsere Gedanken zum Projekt in eine prägnante Form bringt.

Eine öffentliche Erklärung, was Alt-F4 sein soll Conor_

Alt-F4 ist nicht Reddit. Es ist nicht das Forum. Es ist nicht Discord. Es ist auch nicht FFF. Dies mögen offensichtlich erscheinende Aussagen sein, aber sie waren ein hilfreicher Leitfaden, der uns zu der Art von Inhalt und Präsentationsstil leitete, die wir erreichen wollen. Wir wollen die Anlaufstelle für ausgefeilte Texte rund um das Spiel sein, welches wir so sehr lieben. Diese Geschichten mögen vom UI-Design einer fantastischen Factorio-Mod, einer Geschichte über die Erkundung der rauen und unbarmherzigen Galaxie oder auch nur von uns wie wir uns mit Mathe beschäftigen handeln, aber sie alle erzählen eine Geschichte darüber, was dieses Spiel für jeden von uns besonders macht. Jede Woche beenden wir unsere Veröffentlichungen mit einem Aufruf zu Beiträgen, und ein Blick darauf hilft, die Geschichte dessen zu erzählen, was wir mit Alt-F4 erreichen wollen:

Wenn du etwas Interessantes im Kopf hast, das du mit der Community in einer eleganten Art teilen möchtest, kannst du das hier tun. Falls du dir unsicher bist, beantworten wir gerne Fragen zu Inhalt und Struktur.

If you have something interesting in mind that you want to share with the community in a polished way, this is the place to do it. If you’re not too sure about it we’ll gladly help by discussing content ideas and structure questions.

— Therenas

Es zeigt, dass sich die Mitarbeit an Alt-F4 nicht wie eine lästige Pflicht anfühlen sollte. Wir möchten, dass es ein gemeinschaftlicher Prozess ist, bei dem wir dir helfen, die Geschichte zu erzählen, die du erzählen möchtest, egal, worum es sich handelt. Wir führen regelmäßig in unserem Discord (dem du unbedingt beitreten solltest, wenn du es noch nicht getan hast!) lange Gespräche mit den Autoren darüber, was wir denken, in welche Richtung ihr Artikel gehen soll. Wenn ich persönlich Feedback gebe, ist es oft ein Fall von „Ich möchte mehr Informationen über dieses wirklich coole Thema“, während ich versuche, Begeisterung zu vermitteln, in der Hoffnung, dass ich zu mehr Kreativität anregen kann.

Wir tun auch unser Bestes, um die Einstiegshürde so niedrig wie möglich zu halten und sicherzustellen, dass jedermann, der etwas beitragen möchte, dies auch tun kann. Wir nehmen Einreichungen in jeder Form an, ob mit guter oder schlechter Grammatik, lang oder kurz, in schickem Markdown, einer Textdatei oder sogar handschriftlich! Jeder ist willkommen, etwas beizutragen, und ich ermutige euch alle, darüber nachzudenken, ob es irgendetwas gibt, worüber ihr schreiben wollt, und wenn ja, dann kommt zu uns und redet mit uns, wir freuen uns auf euch! Ich persönlich habe am Schreiben nie besonders viel Freude gefunden, aber für Alt-F4 in Ausgabe #15 zu schreiben, hat großen Spaß gemacht und ich habe die feste Absicht, in Zukunft mehr zu schreiben. Für mich macht es das so viel einfacher, über etwas zu schreiben, für das man eine Leidenschaft hat, und ich denke, wir sind alle leidenschaftlich an diesem albernen kleinen Fabrikspiel interessiert.

Alt-F4 übersetzten Nanogamer7

Alt-F4 hat klein angefangen. Ein Mann, eine Ausgabe, eine Sprache. In der zweiten Woche waren bereits dutzende hilfsbereite Menschen dabei. Auf der Suche nach Arbeit, die noch nicht von jemanden anders erledigt wird, stieß man auf Übersetzungen. Mit der multilingualen Factoriocommunity gab es schnell interessierte Übersetzer, die sich bereit erklärten. Auch für Deutsch war das der Fall, was die Sprache sein wird, auf die ich mich heute konzentrieren will. Eine Einzelperson hat einige offensichtliche Grenzen: Die Arbeitslast kann nicht geteilt werden, und auch wenn es hilft, seinen eigenen Text Korrektur zu lesen, ist es doch meist besser, wenn noch weitere Augenpaare drüber schauen. Die Koordination mehrerer Leute bringt aber seine ganz eigenen Probleme mit sich, aber dazu später mehr. Zuerst möchte ich mal einen Überblick darüber schaffen, wie viel eigentlich übersetzt wird.

Übersetzte Gesamtwortmenge pro Ausgabe
Wie zu erkennen, hat jede Sprache die erste Ausgabe übersetzt, da diese etwas kürzer ist. Mit längeren, technischeren Ausgaben (wie #11) und dem konstanten wöchentlichen Arbeitsaufwand gibt es immer weniger Übersetzungen für jede Ausgabe. Mit über 3000 Wörtern in einigen Ausgaben wird jetzt aber mehr als je zuvor übersetzt, auch wenn das nur über drei oder vier Sprachen ist.

Anzahl der Übersetzer und Pünktlichkeit der Artikel
Die Grafik zeigt, wie viele Übersetzer an einer Ausgabe mitgearbeitet haben (Übersetzung und Korrekturlesen). Die ersten Ausgaben hatten keine Übersetzungen, aber für spätere Ausgaben fällt etwas Interessantes auf: Ein einzelner Übersetzer kann eine vollständige Ausgabe alleine übersetzten und mehrere Übersetzer garantieren nicht unbedingt eine pünktliche Übersetzung. Lasst es mich erklären.

Deutsches Overengineering

Ich möchte etwas mehr ins Detail des deutschen Übersetzungsprozesses gehen, da es ein gutes Beispiel für die Vorteile ist, die entstehen, wenn man mehrere Übersetzer hat, aber auch die damit verbundenen Herausforderungen aufzeigt, die mit der Organisation und Übersetzung auftreten. Auch kann ich nicht wirklich was über die anderen Sprachen schreiben, da Deutsch die einzige ist, an der ich beteiligt bin.

Wir haben mit drei Leuten angefangen, und nachdem wir erste technische Schwierigkeiten ausgebügelt haben, arbeiteten wir uns bereits durch den Rückstau der ersten Ausgaben. Dann kam die erste neu publizierte Ausgabe. Für ältere Ausgaben war es in Ordnung, wenn ein einzelner Übersetzer daran arbeitet und dafür solange braucht, bis er fertig ist, aber wenn die Deadline in 24 Stunden ist, ist es notwendig, die Arbeit zu parallelisieren. Glücklicherweise wurde schnell klar, dass die einzelnen Artikel bereits früher als die vollständige Ausgabe durch die Redaktion bereitgestellt werden konnten, und mit diesem Zeitvorteil begannen wir bereits damit, die Arbeitslast aufzuteilen. Aber was macht man mit seinen fertig übersetzten Artikeln? Sie einfach in unseren Discord-Kanal zu schicken, ohne jede Art von Versionskontrolle stellte sich schnell als zu unübersichtlich heraus, und ein eigenes GitHub-Repo war schnell vom Tisch, da es sich mit der fehlenden vorherigen Erfahrung mit Git als einen zu großer Aufwand herausstellte. Also verwendeten wir _v1-Versionssuffixe. Mit einer (meistens) konsistenten Nomenklatur und einem Onlinetool zum Versionsvergleich hatten wir alles, was wir von GitHub bräuchten, in unseren Discord-Kanal gebracht.

„Prima, dann ist ja alles geklärt und es gibt keine weiteren Probleme, stimmts?“ könnte man denken, aber falsch gedacht! Es stimmt schon, die meisten technischen Probleme waren gelöst. Aber Sprache ist nicht nur „richtig“ oder „falsch“, es gibt viel mehr Nuancen zu beachten. Du hast vielleicht schon mal zwei verschiedene Schreibweisen eines Wortes im Britischen- und im Amerikanischen Englisch gesehen. Dort ist meist nur ein einzelner Buchstabe in der Schreibweise verändert, und ein Brite wird verstehen, was mit eggplant gemeint ist. Im Deutschen aber gibt es Wörter, die ein Österreicher täglich benutzt, ein Norddeutscher aber noch nie gehört hat.

Obwohl solche regionalen Unterschiede wie das größte Problem aussehen, werden die meisten Probleme von den subtileren Tücken geschaffen. So gibt es im Deutschen eine formale und eine informelle Übersetzung für „you“ (Sie/du) und die Verwendung der einen oder anderen Form verändert meist die komplette Satzstruktur. In einigen Fällen ist es völlig klar, welche Form verwendet werden sollte, aber insbesondere für einen Blog gibt es gute Argumente für beide Seiten. (Das ist auch der Grund, warum ich keine Synchronisationen mag, da selbst große Filme das regelmäßig falsch machen und es sich einfach falsch anhört, wenn sich gute Freunde siezen.)

Eine Stelle wo es sich lohnt, dass viele verschiedene Leute mitarbeiten, sind Synonyme. Oder besser gesagt „nicht-Synonyme“, denn obwohl manche Wörter für die meisten eine ähnliche Bedeutung haben, klingen manche Wörter, besonders in technischen Zusammenhängen, falsch, obwohl sie alle eine Übersetzung desselben englischen Wortes sind. In solchen Szenarien lohnt es sich wirklich, dass bis zu vier weitere Leute deine Übersetzung Korrektur lesen, alle mit ihrem eigenen fachlichen Hintergrund. Das ist aber auch der Punkt, wo unsere größte wöchentliche Herausforderung ins Spiel kommt:

Begrenzte Zeit

Übersetzung braucht Zeit. Die haben wir aber nicht. Aktuell kommen Artikel am Donnerstag morgen (Anmerkung: Das ist nicht zwingend immer der Fall, aber für die meisten Artikel), wir beginnen zu Mittag oder am Nachmittag mit den Übersetzungen und haben dann am Abend eine erste vollständige Übersetzung fertig. Aber dann wird Korrekturgelesen. Und ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, wo wir keine Korrekturen hatten, nachdem jemand die Übersetzung lektoriert hat. Korrekturen verbessern aber nicht immer zwingend den Text, auch wenn sie gut gemeint sind (natürlich gibt es ein deutsches Wort dafür: verschlimmbessern), deshalb ließt der originale Übersetzer am Ende noch mal darüber und überprüft alle Änderungen. Wie du es dir aber schon gedacht hast: das braucht auch wieder Zeit. Wenn wir einen guten Tag haben und jeder verfügbar ist, sind wir manchmal noch eine halbe Stunde vor Publizierung damit beschäftigt, Hänger auszubügeln, Fehler zu korrigieren und uns mit Formulierungen rumzuschlagen.

Manchmal führen diese Probleme zu Änderungen in allen Sprachen, manchmal auch für das englische Original. Beispielsweise sind Zitate jetzt so gelöst, da wir nicht wussten, wie wir eine Übersetzung bereitstellen können, aber gleichzeitig das Originalzitat nicht verlieren. In den meisten Fällen lösen Firerazer und Conor_ diese Probleme in ihren finalen Prüfungen, um sie danach zu mergen und publizieren.

Nicht alle Übersetzungen sind gleich

Ich möchte kurz noch über den Unterschied zwischen dem Übersetzen zusammenhängender Texte und dem Übersetzen einzelner Sätze reden (TheEnemy42 schrieb auch in seinem Beitrag zur Spielübersetzung darüber). Es ist zwar schon eine Kunst, Alt-F4 in ähnlicher Länge und mit demselben Inhalt zu übersetzen, das aber so zu tun, dass der vollständige Inhalt rübergebracht wird und trotzdem das Lesen noch Spaß macht, ist ein ganz anderes Level. Beide sind aber vom selben Problem betroffen, welches stringweasel in der selben Ausgabe behandelt hat: Jargon. Ein Großteil des Spieljargons setzt sich zusammen aus Abkürzungen und Zusammenfassungen von Spielbegriffen und existierenden Wörtern aus der realen Technik. Diese lassen sich oft nicht gut in andere Sprachen übersetzen, oder ergeben in anderen Sprachen überhaupt keinen Sinn. Wir versuchen immer Wörter zu finden, die in unserer Sprache die eigentliche Bedeutung so gut wie möglich transportieren.

Nachdem ich mich so viel beschwert habe, könnte man sich fragen „Warum überhaupt übersetzten? Für die Leser?“. Nun ja, ich tue es hauptsächlich, weil es mir Spaß macht. Es ist ein bisschen wie Programmieren, aber anstelle von Flussdiagrammen und groben Gedanken haben wir einen englischen Text, und statt in eine Programmiersprache übersetzten wir in eine echte, was genauso frustrierend sein kann wie programmieren, aber alles in allem ist es ein spaßiges Puzzle.

Am Ende sind die Leser aber der Grund, warum es überhaupt Übersetzungen gibt. Wir denken, dass wir mit unserer Arbeit mehr Menschen Alt-F4 zugänglich machen können. Also, wenn ihr noch Leute kennt, die sich für Factorio interessieren, würden wir uns freuen, wenn ihr ihnen über diesen Blog berichtet, egal ob sie die übersetzte Version lesen oder nicht.

ZusammenfassungTherenas

Die letzten beiden Ausgaben brachten also hoffentlich einige interessante Einblicke in das Projekt und wie es sich zu dem entwickelt hat, was es heute ist. Wir sind natürlich noch nicht fertig, wir planen es so lange fortzusetzen, wie wir Spaß am Zusammenstellen haben, und ihr Spaß am Lesen. Zu diesem Zweck wollte ich darauf hinweisen, dass wir Einreichungen von euch allen brauchen, damit dieses Projekt funktioniert. All diese Prozesse sind schön und gut, aber unser Ziel ist es, den Community-Mitgliedern eine Plattform zu geben, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen und allen eine interessante und unterhaltsame Lektüre zu präsentieren. Wenn du also etwas hast, das dir am Herzen liegt und das die Leute hören sollen, dann melde dich bitte im Discord an und teile es mit uns.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die zu diesem Projekt beigetragen haben, ihr seid alle fantastisch. Seien es die Übersetzer, die viele Stunden damit verbringen, ihre Übersetzungen in gemeinschaftlicher Arbeit anzufertigen, sodass der Inhalt von viel mehr Menschen auf der ganzen Welt genossen werden kann, und nicht-englischsprachige Communities auf eine Weise erreicht, wie es die FFF nicht taten. Seien es die Autoren, die mit tollen Ideen zum Schreiben kommen, das Einarbeiten von Feedback und einfach das Herzblut des Projekts im Allgemeinen. Seien es die Techniker, die auf jede unserer Bitten anspringen, damit wir die Inhalte schöner präsentieren können und alles so zugänglich wie möglich für alle Leser machen. Sei es die Redaktion, die sich die Mühe macht, den Autoren ein gutes Feedback zu geben, die wöchentlichen Artikel so gut wie möglich zu polieren, und dafür, dass sie meine persönlichen Spitzfindigkeiten bei Dingen erträgt.

Factorio hat die netteste Community, der ich je angehört habe, und die Untergruppe, die sich für Alt-F4 versammelt hat, ist sogar noch netter, wenn so etwas möglich ist. Ich glaube nicht, dass ich während der gesamten Zeit eine einzige negative Interaktion hatte. Wenn man bedenkt, wie sehr manche Gaming-Communities ein toxisches Ödland sind, bin ich so dankbar, dass unsere so ist, wie sie ist. Vielen Dank an alle, die so nett sind. Es macht wirklich Spaß, daran zu arbeiten, und es ist die Mühe wert.